Günzburg Montagabend, kurz nach 20 Uhr. An der Zufahrt zu den Mooswaldseen zwischen Günzburg und Niederstotzingen steht eine Kolonne an Einsatzfahrzeugen, eines nach dem anderen. Die Polizei hat die Straße abgesperrt. Neugierige und Schaulustige sind unterwegs.
Hubschrauber im Einsatz
Überall wimmelt es von Menschen in Uniformen und Einsatzkleidung. Boote fahren auf den Seen umher, Taucher suchen den Grund der Gewässer ab, das Ufer wird inspiziert, Funk krächzt. Ein Hubschrauber, der über die Gegend geflogen ist, ist schon wieder abgezogen. Es wird dämmerig.
Zwischen dem ganzen Gewühl und der hektischen Betriebsamkeit taucht ein leicht bekleideter Junge auf einem Fahrrad auf. Er sagt nichts, schaut etwas verängstigt umher. Der Günzburger Polizeichef Ernst Maguhn – in Zivil – erkennt die Situation sofort. „Hallo, Du, wo willst Du hin? Zeig uns doch mal Deine Sachen!“ Ein Polizist nimmt den hageren Burschen in Empfang und begleitet ihn auf eine kleine Landzunge.
Dort sind einem Lastwagenfahrer einige Stunden zuvor während seiner Mittagspause einige persönliche Gegenstände aufgefallen. Am Ufer zwischen zwei Mooswaldseen liegen neben einem Badetuch unter anderem Skaterhose, Poloshirt (beides in Kindergröße), Schlüsselbund mit einem Diddl-Maus-Anhänger, Uhr, Sonnenbrille, Sonnencreme, grauer Rucksack und eine Speziflasche. Vom Besitzer weit und breit keine Spur.
Als der Lkw-Fahrer abends wieder an derselben Stelle vorbeikommt, liegen die Sachen immer noch da. Der Mann macht sich Sorgen, es könnte was passiert sein. Er bittet eine Frau, die hier noch ein bisschen baden gehen will, die Polizei zu verständigen. Gegen 18.15 Uhr geht die Mitteilung ein. Die alarmierte Polizeistreife finden die Gegenstände tatsächlich vor. Die Beamten lösen Alarm aus. Eine große Hilfsaktion läuft an.
Bub führt Polizei zum Fundort
Zwei Stunden später. Der Bub führt die Polizisten genau zu der Stelle, wo die Gegenstände entdeckt wurden. Er deutet auf die Kleidung, kann sich aber nicht artikulieren. Die Einsatzkräfte sind erleichtert. „Einsatz abbrechen“, ruft Polizeichef Maguhn. Er hat den richtigen Riecher gehabt.
Ein Streifenwagen bringt den Buben aufs Polizeirevier. Dort stellen die Beamten seine Personalien fest. Die Eltern werden verständigt. Bei dem Gesuchten handelt es sich um einen 16-Jährigen aus Asselfingen (Alb-Donau-Kreis), der leicht geistig behindert ist. Er war mit dem Fahrrad an die Mooswaldseen gekommen und hatte dort den ganzen Tag die Gegend erkundet. Um 19 Uhr sollte er wieder zuhause sein, hatte er seinen Eltern versprochen. „Der Junge hatte kein Zeitgefühl, wie spät es schon ist“, so Maguhn. Die Eltern holen ihren Sohn in Günzburg ab und bringen ihn wohlbehalten nach Hause.
Alles glimpflich abgegangen
Unterm Strich ist alles glimpflich ausgegangen. Die zahlreichen Retter sind erleichtert. „Wir verbuchen das nun als Übung unter Ernstfallbedingungen“, sagen einige. Polizeichef Maguhn verteidigt die Größe des Einsatzes und das Aufgebot. „Wir mussten davon ausgehen, dass tatsächlich etwas passiert sein könnte und dass es sich bei dem Vermissten wohl um ein Kind handelte.“ In der einbrechenden Dunkelheit mussten die Helfer schnell handeln. Eine Stunde später hätten sie ihren Einsatz abbrechen müssen.
Die Familie des 16-Jährigen muss nun nicht befürchten, die Kosten für den aufwendigen und teuren Einsatz bezahlen zu müssen. „Das lief im Rahmen der Gefahrenabwehr ab. Der Junge hat den Einsatz weder mutwillig noch fahrlässig ausgelöst. Deshalb entstehen ihm oder seinen Eltern auch keine Kosten“, teilt Ernst Maguhn mit. Man könne dem Buben keinen Vorwurf machen.
Aus der GZ vom 26.08.08
Dieser Bericht wird durch den KFV Günzburg bereitgestellt.