Vom Löschverein zur Rettungszentrale

Freiwillige Feuerwehr Günzburg feiert 150-jähriges Bestehen

„Gott zur Ehr‘, dem Nächsten zur Wehr“, mit dieser Losung traten die Floriansjünger seit jeher zu ihrem Dienst am Nächsten an. Dementsprechend begann auch der Festeinstieg zum 150. Geburtstag der Freiwilligen Feuerwehr Günzburg am vergangenen Wochenende im Namen und zur Ehre des Aller-höchsten mit einem ökumenischen Gottesdienst in der Frauenkirche. Im Mittelpunkt stand dabei die Segnung eines ganz besonderen Geburtstagsgeschenkes, der in renoviertem Glanz aufgefrischten Vereinsfahne, gestiftet im Jahr 1953 von dem Günzburger Ehrenbürger Karl Mengele, befreit von der Patina 53 geleisteter „Dienstjahre“ von seinem Enkel Dieter Mengele.

Eingestimmt durch schmissige Rhythmen des Duo Skyline, ließ Oberbürgermeister Gerhard Jauernig – seit fünf Jahren traditionsgemäß Vorsitzender der Günzburger Wehr – jenes denkwürdige Ereignis vom 29. Mai 1856 noch einmal Revue passieren, das, nach einem Brand in der Hofgasse, zur Gründung des damals so genannten „Löschvereins“ führte. Aus diesen Anfängen heraus entwickelte sich dann die Freiwillige Feuerwehr Günzburg, die, heute mit „imposanter technischer Ausstattung“ versehen, zum unentbehrlichen und bestens ausgebildeten Hilfeleistungsträger für Stadt und Landkreis wurde.

Längst sei es nicht nur mehr das Feuer, bei dem die Floriansjünger zu Hilfe gerufen würden, betonte der OB, Einsatzzahlen und -stunden seien heute vielmehr bestimmt durch technische Defekte, Verkehrsunfälle und Naturkatastrophen. Dem pflichtete auch Stadtbrandinspektor und Kommandant der Feuerwehr Günzburg, Christian Eisele bei, indem er die rasante Entwicklung der letzten 25 Jahre zugrunde legte. Hatten im Jahr1980 achtzig Mitglieder 170 Einsätze mit 2500 Dienststunden geleistet, so mussten 2005 fünfundneunzig Aktive 330 Mal ausrücken und ihre Einsatzstunden auf fast 8000 ausdehnen. Doch nicht nur der Zeitaufwand, das gesamte Bild habe sich gewandelt. Bei Bränden führten heutige Materialien zwangläufig zu neuen Löschmethoden, berichtete Eisele aus der täglichen Praxis, oftmals seien bei Einsätzen Gefahrgüter mit im Spiel, stetige Zunahme von Unfällen mit Lkw-Beteiligung sei zu verzeichnen, Unfälle mit eingeklemmten Personen, neue Fahrzeugtechnologien.

An der Belastungsgrenze

„Hier wird ein enormes Wissen eines jeden einzelnen Feuerwehrmannes verlangt“ konstatierte der Feuerwehrfachmann. Seinen Dank für die gute Zusammenarbeit mit THW, BRK und den Stadtteilfeuerwehren stellte er allerdings in Zusammenhang mit Fragen die die Belastbarkeit der freiwilligen Helfer betreffen, und die ihn „nachdenklich“ stimmten, gelte es doch baldige Antwort zu finden auf drängende Fragen: Wie lang kann der enorme Arbeitsaufwand mit ehrenamtlichen Kräften noch bewältigt werden?

Wie lang kann die Tagesalarmsicherheit noch gestellt werden? Wie lang dürfen unsere Wehrmänner noch ihren Arbeitsplatz für den Dienst am Nächsten verlassen? Wie entwickeln sich die Verkehrsströme durch Legoland und Prinz-Eugen-Park? Wie die Probleme durch die Nato-Pipeline mitten durch unser Trinkwassereinzugsgebiet? Dazu der „Oberhammer“: Der Bund wolle sich aus dem Katastrophenschutz bei den Feuerwehren ausklinken. Eisele: „Eines ist heute schon Realität: Die Grenze des Machbaren ist erreicht. Schon jetzt müssen Konzepte entwickelt werden, um den Zusammenbruch des Systems zu verhindern.“

„Den berühmten Blick über den Tellerrand“ wagte der Vorsitzende des Bezirksfeuerwehrverbandes Schwaben und Kreisbrandrat des Landkreises Neu-Ulm, Alfred Raible, mit seiner Feststellung, die größte Herausforderung für alle Hilfsorganisationen sei die demographische Entwicklung in unserem Lande. Das Personalproblem könne nur aufgefangen werden durch gute Jugendarbeit. Auch in der Erhöhung des Frauenanteils innerhalb der Feuerwehren sehe er einen Lösungsansatz. „Der Frauenanteil der Wehren liegt bei nur sechs Prozent, das ist zu niedrig, hier müssen wir etwas tun.“

Mit einer herzlichen Gratulation für die „größte und älteste Wehr im Landkreis“ und „eine der ältesten in Bayern“ lobte Landrat Hubert Hafner vor allem die vorbildliche Zusammenarbeit der Feuerwehr Günzburg mit dem Landkreis und brachte die allgemeine Stimmung auf gehobenen Jubiläumskurs. Eine weitere Steigerung erfuhr diese durch Kreisbrandrat Robert Spiller, der seinem Lob für den hohen Günzburger Geräte- und Ausbildungsstand einen kunstvollen Zinnteller beifügte und drei verdiente Vereinsmitglieder mit der Ehrennadel in Silber auszeichnete. Stolz nahmen diese Würdigung in Empfang: Brandmeister Helmut Stammer für die zwölf Jahre in denen er Kommandant der FFG war, Brandmeister Werner Gollmann für elf Jahre als Kommandant-Stellvertreter, und Stadtrat Ferdinand Munk, der, als Feuerwehrreferent und „großer Förderer“, stets „ein offenes Ohr für alle Feuerwehrbelange“ hatte. Den Beweis für die Richtigkeit dieser Aussage ließ der solchermaßen Geehrte auf dem Fuß folgen: als Spender einer hochmodernen, „unter Mithilfe der Günzburger Feuerwehr entwickelten“ Multifunktionsleiter, mit variabel einsetzbarer Rettungsplattform.

Im Umfang zwar kleiner aber nicht weniger von Herzen kommend, die von künstlerischer Hand gestalteten Mitbringsel des Patenvereins Dillingen, der Feuerwehrkameraden aus Radolfzell und der Freunde der Hofkirche.

Wie sich’s bei gegebenem Anlass jubilarer Betagtheit gehört: Bis tief in die Nacht hinein gaben das Tanzbein, geschwungen zu flotten Weisen, unter Beimischung feucht-fröhlicher Festesfreuden, den Ton an.

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